Reisebericht von Stephan Frey, Schweiz | Wir entschieden uns für Gudauri, das größte Skigebiet Georgiens. Gudauri erreicht man von der Hauptstadt aus mit dem Auto oder per Marschrutka in ca. zwei Stunden (Georgische Heerstrasse in Richtung Stepanzminda). Auffallend ist die rege Bautätigkeit im kleinen Bergdorf. Vor allem im neuesten Dorfteil, New Gudauri genannt, sind gewaltige Projekte geplant. Das Radisson-Hotel befindet sich bereits im Rohbau. Ob das gut ist, fragen wir uns. Und kommen zum Schluss, dass auch diese Medaille zwei Seiten hat. Zum einen sehen wir den wirtschaftlichen Fortschritt und die direkt und indirekt geschaffenen Arbeitsplätze. Zum anderen ist da die Natur, die genauso darunter leidet wie die Authentizität, die irgendwie verloren geht. Die Hotels und Restaurants verfügen jedenfalls über einen Standard, der international problemlios mithalten kann.
Und wie es zum Skifahren? Ein Teil der Anlagen ist etwas älter; auf dieses Sesselliften braucht es etwas Geduld. Die neueren Sessel- und Gondelbahnen sind topmodern und befördern die Gäste in schnellem Tempo nach oben. Der Schnee ist fantastisch, und das bereits im Dezember, also zu Beginn der Wintersaison. Keine einzige Schneekanone sehen wir während unseren vier Tagen in Gudauri. Von der Talstation auf rund 2'000 m.ü.M. bis hinauf auf den Mt. Sadzele auf knapp 3'300 m.ü.M. sind die Pistenverhältnisse ausgezeichnet.
Bilder aus Gudauri
Was uns enttäuscht ist die Tatsache, dass in Gudauri scheinbar planlos investiert und gebaut wird. Zahlreiche Unternehmer scheinen im boomenden Land das schnelle Geld machen zu wollen. Dabei kopieren sie unserer Ansicht nach die Alpen. Oder Sochi. Oder irgend etwas dazwischen. Nur mit Georgien, seinen Traditionen und seiner Geschichte hat das Skiresort nicht viel zu tun. Die Authentizität bleibt auf der Strecke.
Paradies für Freerider
Was uns aber total begeistert, ist die Aussicht, die sich einem präsentiert: Endlose Gebirge, tief in den Schnee gehüllt bis an den Horizont. Kein Dorf, keine Stadt, kein Zeichen von Zivilisation zu sehen. Einen solchen Ausblick haben wir im gesamten Alpenraum noch nicht gesehen. Wie schade, denken wir uns, dass wir keine Freerider sind. Denn für die müssten Gudauri und die umliegenden Gipfel ein wahres Paradies sind.
Unser Fazit: Gudauri ist ein gutes Skiresort, in dem es alles gibt, was das Herz begehrt. Weil die Authentizität aber zu kurz kommt und das ganze eher Kopie denn Original ist, lohnt sich die weite Anreise nicht. Ganz anders sieht es als Freerider oder Heliskier aus: Diesbezüglich muss Gudauri ein wahres Paradies sind. Wir trainieren unsere Tiefschnee-Skills und kommen dann vielleicht wieder.
Stephan Frey, Schweiz